annemarie kury

Annemarie Kury

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Liebe Spender, liebe Freunde, liebe Bosnien-Interessierte!

An so einen frühen, schönen Frühling wie er heuer ist, kann ich mich nicht erinnern - so war auch unsere diesjährige Frühlingsfahrt nach Bosnien in blühender Umgebung. Umso leichter fiel es uns, den Menschen in ihrer Not, Freude und Hoffnung zu bringen.

Doch die Situation im Kanton Tuzla ist weiterhin schlecht - auch wenn man in den Medien, weil andere Krisenherde aktueller sind, fast nicht davon hört. Die Demonstrationen sind ruhiger geworden. Die Arbeitslosigkeit ist besonders bei der Jugend hoch - man spricht von 50%. Ein Überleben ist nur mit Hilfe von Geldern aus dem Ausland oder ein wenig "privater" Arbeit (bei uns Schwarzarbeit) möglich.

Laut amtlicher Aussage hat Tuzla ca. 150.000 Einwohner und ein jährliches Gemeindebudget von ca. 15 Mill. €, Linz mit ca. 190.000 Einwohnern hat ein Jahresbudget von ca. 700 Mill €. Das wäre, wenn die Zahlen stimmen (ich kann es nicht kontrollieren), ca. 3 ½ Tausend € pro Person in Linz und 100 € pro Person in Tuzla. Dass somit Sozialleistungen ausfallen oder auf einem Mindeststand sind, wundert mich nicht mehr. Immer öfter werden Gehälter nicht ausbezahlt.

Wie dringend daher unsere Patenschaften für alte, kranke, behinderte oder vereinsamte Menschen sind haben wir als Team sehr hautnah erlebt. Schon die Vorbereitungsarbeiten könnte ich ohne Team nicht mehr leisten. Alle Spenden haben wir für die Familien vorbereitet: sortiert, verpackt, beschriftet und dann mit dem Patenschaftsgeld und den vielen kleinen Geschenken verteilt. Danke an das TEAM!!!

"Unser" Tagestherapie-Zentrum für behinderte Kinder und Jugendliche Koraci nade in Tuzla hat zwar von staatlicher Seite weiterhin keine Unterstützung bekommen, die Schließung konnte jedoch durch verschiedene Spenden aufgehalten werden. Fast vier Jahre nach der Eröffnung wurde jetzt der "Pfuschlift" ausgebaut und ein neuer Lift mit Hilfe von Spendengeldern errichtet. Er funktioniert ohne stecken zu bleiben zur großen Freude
der Therapeuten und Kinder.

Von den vielen Spenden – gesammelt durch Geburtstage von 50-90 Jahren, von Fasten-Essen, von Firmlingen, von Schulen, in Gedenken an Verstorbene und den Vielen, die mit Teilen Gutes tun, konnten wir Freude und Hoffnung bringen.

Diese Freude, den großen Dank möchte ich schlicht weiter geben und damit das Bewusstwerden der Dankbarkeit, in einem Land leben zu können, in dem ein ganz besonders gutes Sozial- und Gesundheitssystem besteht. Jammern und Schimpfen verwandeln sich in Zufriedenheit.

 

Ein frohes Osterfest,
viel Freude im Frühling und Sonnenstrahlen im
Sommer wünscht mit lieben Grüßen
Eure/ Ihre / Deine Annemarie ( Kury ) und das Team

 

 

 

 

Worte sind gut, aber
Hühner legen Eier!

Bericht 2 von Elisabeth:

Bosnienfahrt von Samstag, den 22. März bis Sonntag, den 30. März 2014

Schon seit längerer Zeit hatte ich immer wieder darüber nachgedacht, dass es eigentlich ein "Muss" wäre, Annemarie auf einer ihrer Fahrten zu begleiten. Ich kenne Annemarie über unsere Pfarre St. Leopold Gersthof, auch ist sie eine langjährige Freundin meiner Eltern und so wusste ich von ihrem unermüdlichen Einsatz in Bosnien und ihrem "Pensionshobby", wie sie ihre Arbeit bezeichnet. Ich war mir sicher, dass ich durch sie eine einmalige Gelegenheit haben würde, Land und Leute kennen zu lernen, weiters interessierte mich die Fahrt aus beruflicher, nämlich kinderpsychologischer Sicht. Ausschlaggebend für meine Anfrage, ob ich sie begleiten dürfte, war letztlich der Krebstod meines Partners im Vorjahr. Es war mein Wunsch, anderen Frauen in Bosnien zu begegnen, deren Lebensplan ebenfalls nicht so aufgegangen war, wie sie es sich ursprünglich erhofft hatten.

Am Samstag trafen wir uns pünktlich um 6:30 am Gersthofer Platzl und fuhren los. Annemarie erzählte mir, dass sie jeweils eingehüllt von guten Gedanken und Wünschen ihre langen Fahrten antrete. Abwechselnd erreichten uns auf ihrem oder meinem Handy Nachrichten von Menschen, die uns eine gute Zeit wünschten; für mich ein ganz neues Reisegefühl. Bei der Autobahnraststation in Gralla stoppte Annemarie und dort trafen wir ihren treuen Freund Dr. Werner Biffl, der sie schon seit vielen Jahren auf ihren Frühlingsfahrten begleitet - sein persönliches Fastenritual. Gemeinsam warteten wir auf eine Gruppe aus Ried im Innkreis, die zeitgleich ein caritatives Projekt in Bosnien betreute. Die Grenzen passierten wir ohne Probleme, am späteren Nachmittag kamen wir nach ca. 700 km Fahrt in Bikodze, einem Ort in der Nähe von Tuzla, an. Fadila und Vehid, einst in unserer Pfarre aufgenommene Flüchtlinge, hießen uns Willkommen und versorgten uns eine Woche lang als ihre Halbpensionsgäste. Durch Fadila lernte ich die traditionelle bosnische Küche kennen, sie führte mir auch ihre selbstgenähte Dimije, die muslimische Tracht der Bosniaken, vor. An den Abenden war das Quartier für uns alle während der intensiven Woche ein angenehmer Rückzugsort.


Lisa mit Mirsada im Altersheim in Tuzla
Annemaries Tätigkeit lässt sich in zwei Aufgabenbereiche unterteilen: Hauptbestandteil ihrer Arbeit vor Ort sind erstens die Besuche bei Patenschaftsfamilien. Insgesamt zählten wir auf dieser Fahrt 37 Hausbesuche. Ich war beeindruckt von ihrer unermüdlicher Kraft und Ausdauer. Sie arbeitete von früh bis spät, meistens gab es zu Mittag nur ein kleines Picknick unterwegs, dann wurden die Besuche fortgesetzt. Nicht nur einmal musste ich ihr gegenüber erwähnen, dass ich diese Woche anstrengender als eine normale 40-stündige Arbeitswoche empfand. Annemarie nimmt sich für ihre Familien Zeit, sie erkundigt sich stets zunächst, was sich während ihrer Abwesenheit getan hat und fragt nach, was die Familie derzeit am dringendsten benötigt bzw. welche Projekte als Nächstes anstehen. Sie besitzt eine äußerst einfühlsame und wertschätzende Art. So achtete sie beispielsweise stets darauf, dass vor den bosnischen Familien nicht zu lange auf Deutsch gesprochen wurde, um niemanden auszuschließen. Es war ihr wichtig, dass wir alle (auch der jeweilige Dolmetscher) eine Sitzgelegenheit hatten, um den Menschen auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Gefallen haben mir ihre positive und ressourcenorientierte Gesprächsführung, auch ihre kreativen Ideen und Lösungen, die ihr im Laufe der Gespräche kamen. So entschied sie spontan, die 14-jährige Tochter des Wachkoma-Patienten für einige Tage im Mai zu sich nach Wien einzuladen. Annemarie betonte immer wieder, dass sie ihre Arbeit als Ausgleich verstehe - ein Ausgleich zwischen unserem Zuviel und den Menschen in Bosnien, die zu wenig haben.

Bei den meisten Familien ließen wir eine Anleitung und Skizze für den Bau eines Hochbeetes zurück, die Werner entworfen und eines der Patenkinder ins Bosnische übersetzt hatte. Der Bau dieser Hochbeete bietet den Familien eine zweimalige Ernte im Jahr und ermöglicht eine rückenschonende Gartenarbeit. Ausschlaggebend für Annemarie war jedoch der gartentherapeutische Gedanke hinter dem Projekt – durch die Arbeit soll den Frauen Hoffnung gegeben werden, das große Ziel ist die Steigerung ihres psychischen Wohlbefindens.

Errichtung des Hochbeetes bei Ajka mit Hilfe des österreichischen Bundesherres (LOT und CIMIC)

Bei den Hausbesuchen fiel mir auf, dass einige der Frauen, die zum Teil in meinem Alter waren, wenige oder gar keine Zähne besaßen. Annemarie organisierte auf dieser Fahrt für eine der Frauen die Vorstellung beim Zahnarzt. Die neuen Zähne sollen Ajkas Selbstbewusstsein stärken und ihr ermöglichen, dass sie sich in Zukunft traut, öfter zu lachen.

Ebenfalls fixer Bestandteil war die Übergabe der Geschenkschachteln, die SchülerInnen der Neulandschule in Wien für die Patenkinder vorbereitet hatten. Jedes einzelne Stück wurde aus den Schachteln genommen, die Kinder begannen sofort damit zu spielen.

Auffallend war die Tatsache, dass in vielen Familien die Männer kaum "greifbar" waren. Viele der Frauen hingegen sind zur Zeit in der Lage, durch die Starthilfe über die Patenschaften den Alltag zu meistern und scheinen auf einem guten Weg zu sein. Hvala puno – vielen Dank! Diese bosnischen Wörter lernte ich ganz ohne Hilfe des Wörterbuchs.

Die Geschichten der Familien arbeiteten stark in mir, auch die fehlende Unterstützung durch Sozialeinrichtungen. Gegen Abend hin merkte ich oft, dass ich keine Kraft mehr hatte, von weiteren Schicksalsschlägen zu erfahren. Dann tat es gut, den Tag mit Annemarie und Werner im Quartier nachzubesprechen.


Werner mit Nirmel
im Therapiezentrum Koraci nade


Annemarie mit Frau Dautovic, die ihren Mann und ihre drei Söhne verloren hat

Neben den Hausbesuchen gibt es ein zweites großes Projekt, das Annemarie besonders am Herzen liegt – Koraci nade, ein Therapiezentrum für Kinder mit multiplen Behinderungen, das von österreichischen Spendengeldern erbaut wurde. Laut Auskunft des Bürgermeisters von Tuzla handelt es sich hierbei um die modernste Einrichtung dieser Art auf dem Westbalkan. Der Besuch des österreichischen Außenministers Kurz in Koraci nade, der für diese Woche zu Beginn angedacht worden war, kam letztlich aufgrund seines dichten Zeitplans doch nicht zustande. Unsere drei Besuche wurden für wichtige Besprechungen mit der Leiterin des Zentrums sowie den MitarbeiterInnen genützt. An einem der Vormittage fanden Sprechstunden für einige Patenschaftsfamilien statt. Insgesamt konnte Annemarie auf dieser Fahrt vier Familien aus ihrer Patenschaft "entlassen", die teilweise über zehn Jahre bestanden hatte. Annemarie meinte am Ende der Woche, dass sie auf dieser Fahrt mehr geerntet als gesät habe.
Es war ein seltsames Gefühl, auf Straßen zu fahren, die vor rund 20 Jahren während des Krieges die Front gebildet hatten. Auch war es für mich beklemmend, vor einem Gebäude zu stehen in dem Wissen, dass sich darin ein Lazarett befunden hatte. Auf unseren Fahrten sahen wir viele noch vom Krieg vollkommen ausgebrannte oder zerschossene Hausruinen. Unterwegs begegneten wir immer wieder Menschen, die ein Bein verloren hatten, oder anderen, bei denen ein Auge unheilbar verletzt worden war. Natürlich besuchten wir auch Menschen die, wie Annemarie mir erzählte, unter posttraumatischen Belastungsstörungen litten. Durch das österreichische Militär erfuhr ich, dass Bosnien das stärkst verminte Land in Europa ist. Kilometerlang waren oft links und rechts am Straßenrand Minentafeln zu sehen, alleine im heurigen Jahr gab es bereits zwei Minenunfälle mit Todesopfern (u. a. beim Holzsammeln im Wald). Ich fühlte mich zum ersten Mal auf einer Reise mit der Natur in einem Land nicht wirklich verbunden. Landschaftlich beeinträchtigt ist Bosnien sicherlich zusätzlich dadurch, dass der Müll in den verminten Gebieten, aber auch außerhalb, oftmals links und rechts von den Straßen weggeworfen wird und viele Landstriche dadurch stark verschmutzt sind.


Kinder freuen sich über die Geschenkschachteln
 von SchülerInnen der Neulandschule

Eine nette Abwechslung waren die drei Tagesfahrten, die von Mitgliedern des österreichischen Bundesheeres (Einsatzgruppen LOT und CIMIC) begleitet wurden. Es war eine interessante Erfahrung, österreichische Heeresmitglieder kennen zu lernen und ihre Motive für ihre Arbeit zu erfahren. Die Soldaten halfen uns, Sachspenden bei den Familien zu verteilen und boten uns "Schutz" in der sogenannten Abbruchsiedlung.
Es gelang durch ihre Hilfe in einem Armutsviertel bei Ajka, eine von Annemaries Schützlingen und Mutter von vier Kindern, direkt vor ihrer ärmlichen Unterkunft ein Hochbeet zu installieren.

Bosnische Gastfreundschaft in unserem Quartier bei Fadila und Vehid

Neben dem Leid, mit dem wir konfrontiert wurden, gab es auch Situationen, in denen ich schmunzeln musste: Am Freitag waren wir mit Maid, Annemaries langjährigem früheren Dolmetscher und mittlerweile gutem Freund unterwegs, als plötzlich im Auto ein sehr hohes Piepsen zu hören war. Wir stoppten kurze Zeit darauf und begannen dem Geräusch nachzugehen. Die Motorhaube wurde geöffnet, Maid rief bei einem befreundeten Automechaniker in der einzigen VW Werkstätte von Tuzla an um zu erfragen, wodurch dieses Piepsen ausgelöst worden sein könnte. Teilweise schien es, als käme der Ton von vorne, dann wieder war er im hinteren Teil des Wagens stärker zu hören, dann wieder gar nicht im Wageninneren… Annemarie ging bereits in der Zwischenzeit gedanklich ihren ÖAMTC-Schutzbrief durch und überlegte, wie wir ohne Auto wohl zurück nach Österreich kommen würden. So verging die Zeit, bis plötzlich Maid überaus höflich meinte: "Frau Kury, entschuldigen Sie bitte, ich glaube, Sie sind das Geräusch!" Und tatsächlich, das bosnische Handy in Annemaries Jackentasche gab aus uns unerklärlichen Gründen diesen Ton von sich.

Wenige Tage darauf kam es zu einem weiteren Autoerlebnis. Maid war so nett, uns zwischen zwei Hausbesuchen die Altstadt von Tuzla zu zeigen. Nachdem wir beim "Kirchenwirt", einem traditionellen Lokal neben der alten Moschee eine Kleinigkeit gegessen hatten und ich eine geschichtliche Einführung im Stadtzentrum erhalten hatte, unterbrach Maid abrupt seine Führung und erinnerte uns daran, dass das Parkticket bereits abgelaufen war. Wir eilten zurück zum Auto und sahen Parkwächter, die bereits rund um Annemaries Polo W MOAM 1 standen. Maid begann mit ihnen zu sprechen. Er sagte, dass sie doch sicherlich nicht der Ehrenbürgerin von Tuzla, Frau Kury, eine Autokralle, die üblicherweise in diesen Fällen auf dem Vorderreifen des Autos angebracht wird, montieren wollten. Wir entschuldigten uns und durften die Hausbesuche fortsetzen.

Sichtbare Spuren, die an den Krieg erinnern

Ich danke Annemarie herzlich für die Möglichkeit, dass ich sie auf ihrer 178. Fahrt begleiten durfte und für den Einblick, den ich in ihre Arbeit erhalten habe. Diese Reise wird für mich immer eine besonders wichtige Erfahrung bleiben. In Bosnien hörte ich, wie ein Mitarbeiter des österreichischen Bundesheeres zu seinem Kollegen meinte, dass nach bestimmten Auslandseinsätzen sein "Dankbarkeitsvorrat" für die nächsten Jahre wieder aufgeladen ist – dem kann ich mich nur anschließen.

Elisabeth Huber